INTERDISZIPLINÄRES FORSCHUNGSNETZWERK

HEILVERSPRECHEN.

KULTURELLE GEFÜGE, WÜNSCHE, PHANTASMEN

Wünsche nach Heil und Heilem, heiler Welt und Heilung lassen Unversehrtheit, Ganzheit, Gesundheit, Genesung, Erlösung oder auch Heiliges assoziieren. Es geht um Vollendung und/oder Abwendung von Unheil, auf historisch wandelbare und kulturell spezifische Art.

Lässt sich heute und westlich-kulturell eine Abkehr von traditionellen religiösen Heilsgeschichten bzw. -systemen und eine Hinwendung zu säkularen Heilssehnsüchten konstatieren? „Ich glaube, daß das Automobil heute die ziemlich genaue Entsprechung der großen gotischen Kathedralen ist“, schreibt Barthes 1957. „Soll heißen: eine große epochale Schöpfung, […] von deren Bild, wenn nicht von deren Gebrauch ein ganzes Volk zehrt, das sie sich als ein vollkommen magisches Objekt aneignet“ (ebd.). Vollkommen, magisch, himmlisch. Ohne den Religionsbegriff damit unbegrenzt erweitern zu wollen, zeigen sich Heilsvorstellungen nicht nur an der „göttlichen“ DS 19 (sozusagen vor ihrer „Inbesitznahme“), sondern an sehr unterschiedlichen kulturellen Phänomenen. Wir denken an Bilder, Objekte und Ideen, wie sie in Alltagspraktiken, Medien, pädagogischen, medizinischen, religiösen, wissenschaftlichen, künstlerischen, kulturindustriellen, technologischen, politischen oder ökonomischen Diskursen kursieren.

Es ist nun gerade die Heterogenität der Erscheinungsweisen – in ihrer Verschiedenartigkeit und in möglichen strukturellen Übereinstimmungen –, die das Netzwerk „Heil versprechen“ interessiert: Hier werden ungleichartige Inszenierungen des „Heilen“ als Austragungsorte kulturellen Widerstreits in den Blick genommen. Welche spannungsreichen Tendenzen werden in solchen Inszenierungen verhandelt und imaginär stillgestellt? Für welcherart gesellschaftlicher Dynamiken bieten sie einen Schauplatz – und mit welchen politischen Konsequenzen? Dabei soll das „Versprechen“ des Heils durchaus in seiner Doppeldeutigkeit verstanden werden: als Verheißung ebenso wie als Fehlleistung. Denn einzulösen ist das In-Aussicht-Gestellte sicher nicht: Versprochen ist versprochen.