Heil versprechen en detail
Gesten der Ent-täuschung in Politik und Theorie Tagung | Wien, 09.11.–10.11. 2018

Depot Wien | Breite Gasse 3 | 1070 Wien

Heilsversprechungen sind ebenso omnipräsent, wie sie routine- mäßig abgewertet werden. Heil versprechen immer die anderen. Längst sind es nicht mehr nur und vielleicht nicht mehr primär Religionen, die Erlösung versprechen: Waren, Bilder, Techno- logien, Theorien, politische Bewegungen stellen ein Leben in Aussicht, das reiner, unschuldiger, erfolgreicher, ganzheitlich, weniger scham- und schuldbeladen, weniger verstrickt ist, als dasjenige, das allzumenschlich geführt wird. Ebenso zahlreich sind die Gesten der Entlarvung der Heilsversprechen. Nicht erst in jüngster Zeit ist es eine hochwirksame politische Geste, das Heilsversprechen des je anderen zu denunzieren: Als strategi- schen Betrug, als uneinlösbares Wahlversprechen, als Währung zum Erwerb politischer Gefühle, als schlichtes Unwissen, als kindischer Glaube. Wo Heilsversprechen im Spiel sind, wird das soziale Band des Diskurses häufig toxisch, gleichzeitig scheinen wir nicht ohne sie auskommen können, eröffnen sie doch einen Horizont jenseits der Zumutungen von Sachzwanglogiken und business as usual.

Veranstalter: Das interdisziplinäre Netzwerk Heilversprechen. Kulturelle Gefüge, Wünsche, Phantasmenhat es sich zur Aufgabe gemacht, den vielgestaltigen Wünsche nach Heil und Heilem, heiler Welt und Heilung, nach Unversehrtheit, Ganzheit, Gesundheit, Genesung, Erlösung oder auch Heiliges kritisch-analytisch nachzugehen. Diese Begehrensformen interessieren als historisch wandelbare und kulturell spezifische wie auch als konkret gestaltete und manipulierte. Die erste Tagung des Netzwerks widmet sich deshalb verschiedenen Heilsversprechen en detail: kontextspezifisch, diskursanalytisch, psychoanalytisch, als Teil einer politischen Epistemologie.

Das Netzwerk:
http://heil-versprechen.org/

Die Tagung wird gemeinsam von der Kunstuniversität Linz, der International Psychoanalytic University Berlin und der Praxis in Psychoanalyse Karl-Josef Pazzini Berlin ausgerichtet. Dank an das Depot, Wien.

Um Anmeldung wird gebeten.

Univ.-Prof. Dr. Karin Harrasser, Kunstuniversität Linz: karin.harrasser@ufg.at

Prof. Dr. Insa Härtel, IPU Berlin: insa.haertel@ipu-berlin.de

 

Programm:

 

Freitag
13.00–18.00

I . Aktuelle Problemlagen

 

Insa Härtel (Berlin)
Am Verächtlichen hängen: Zum Phänomen »Messie-Sendung«

Daniel Tyradellis (Berlin)
Documenta(e). Heil durch/trotz Vermittlung

PAUSE

Olaf Sanders (Hamburg)
Tradition als Heilsversprechen, z.B. in der Bundeswehr

Sonja Witte (Berlin)
Theoretisch heilsam. H. Rosas Resonanztheorie als Beispiel wissenschaftlicher Heilsversprechen

 

Samstag
9.30–13.00
II. Theologie / Befreiung / Moderne

 

Sandra Lehmann (Wien)
Die verwandelte Gewalt. Politik, Tod und Leben im frühchristlichen Martyrium

 Franz Gmainer-Pranzl (Salzburg)
„Befreiung“ statt „Erlösung“? Zur Kontroverse über das politische Heilsverständnis der lateinamerikanischen Befreiungstheologie

PAUSE

Karin Harrasser (Linz)
Utopieexport – Heilimport. Kolonialität und Befreiung

 

14.30–19.00
III. Medizin / Psychoanalyse

 

Andrea zur Nieden (Freiburg)
Heil(en) durch Diversität?

Ulrike Kluge (Berlin)
(Gruppen-)Psychoanalytische Resonanzräume im Umgang mit Flucht- und Migrationserfahrungen in klinischen Settings

PAUSE

Christian Kläui (Basel)
Im Erinnern liegt das Heil. Ein Versuch, die Erinnerungskultur der Psychoanalyse durchzuarbeiten

Karl-Josef Pazzini (Berlin)
Befreiung der Sexualität. Befreiung von Schuld